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Die Darmflora und pädiatrische Multiple Sklerose: Neueste Erkenntnisse

Die pädiatrische Multiple Sklerose (MS) ist eine chronische, lebenslange neurologische Erkrankung, die mit Entzündung und Degeneration im Gehirn und Rückenmark assoziiert ist.

Glücklicherweise tritt sie nur bei rund 5 Prozent der Betroffenen im Kindesalter in Erscheinung. Nichts desto trotz bietet die Möglichkeit diese sehr früh beginnenden Fälle von MS zu untersuchen entscheidende Vorteile: So etwa die Tatsache, dass Kinder aufgrund ihrer kurzen Lebensdauer erst wenigen Belastungen ausgesetzt waren und somit die Chance, den Auslöser der MS Erkrankung zu identifizieren, bei solchen Kindern potenziell erhöht ist – die Krankheit lässt sich zudem zeitnaher am Ausbruch untersuchten.

Ob MS bei Kindern oder Erwachsenen verhindert werden kann, ist unbekannt. Neueste Erkenntnisse gewähren allerdings Einblicke in die mögliche Rolle der Darmflora bei neurologischen Erkrankungen wie der MS.

Drei Fragen

Die limitierende Anzahl der Studien an MS Patienten war ausschlaggebend dafür, die folgenden 3 Grundsatzfragen in drei Untersuchungen in Kindern mit und ohne MS zu betrachten:

  • 1) Unterscheidet sich die Zusammensetzung der Darmflora zwischen Kindern mit und ohne MS?
  • 2) Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Darmflora und den Immunmarkern des Wirtes in Kindern mit und ohne MS?
  • 3) Ist die Darmflora mit dem zukünftigen Risiko eines MS Schubs assoziiert?

Die Studie zur 1. Frage enthielt 17 gesunde (Kontrollgruppe) und 18 an MS erkrankte Kinder (MS Gruppe) gemischten Geschlechts. Die Hälfte der MS Gruppe wurde noch nie mit einem immunmodulierenden Medikament für MS behandelt. Untersucht wurde die Diversität der Darmflora der Kontroll- als auch der MS Gruppe. Bei näherer Betrachtung der einzelnen Bakterienstämme fanden sich Hinweise zu Unterschieden zwischen MS- und Kontrollgruppe sowie Unterschiede zwischen medikamentös behandelten und unbehandelten Kindern der MS Gruppe. Weitere Studien sind nötig, um zu klären welche Aspekte einzig mit MS assoziiert sind, welche durch den Medikamenteneinsatz beeinflusst werden und welche sich mit anderen entzündlichen Vorgängen überlappen.

Die Studie zur 2. Frage enthielt 9 gesunde (Kontrollgruppe) und 15 an MS erkrankte Kinder (MS Gruppe), gemischten Geschlechts. 8 Kinder der MS Gruppe wurden noch nie mit einem immunmodulierenden Medikament für MS behandelt. Untersucht wurde die Diversität der intestinalen Mikrobiota sowie Immun-Marker der Kontroll- als auch der MS Gruppe.
Diese Studie liefert erste Hinweise, dass sich das Verhältnis zwischen intestinaler Mikrobiota-Zusammensetzung und der Wirts-Blut-Immun-Marker zwischen MS- und Kontrollgruppe unterscheidet.
Die Tatsache, dass die Störung der Mikrobiota Immunbalance bereits in so einem frühen Stadium der Erkrankung auftritt, fordert weiterführende Studien.

Die Studie zur 3. Frage enthielt wie die beiden anderen Studien gesunde (Kontrollgruppe) und an MS erkrankte Kinder (MS Gruppe), gemischten Geschlechts. 8 Kinder der MS Gruppe wurden noch nie mit einem immunmodulierenden Medikament für MS behandelt. Untersucht wurde die Diversität der intestinalen Mikrobiota der Kontroll- als auch der MS Gruppe sowie das Auftreten eines MS Schubes in der MS Gruppe. Diese Studie zeigt erstmals, dass das Fehlen von Fusiobakterien mit einem 3-fach höheren Risiko eines früheren MS Schubs einhergeht.

Ein besseres Verständnis der Rolle der intestinalen Mikrobiota bei der Modifikation des Risikos eines MS Schubes und die Verbindung mit dem Immunsystem könnte helfen, neue Ziele für die MS Therapie zu finden.

QUELLE: Tremlett H, Waubant E. The Gut Microbiota and Pediatric Multiple Sclerosis: Recent Findings. Neurotherapeutics. 2017 Sep 22. doi: 10.1007/s13311-017-0574-3. [Epub ahead of print]